Unser Chorleiter 2021-2023
Nachdem wir Wolfgang Klockewitz nach 25 Jahren Chorleiterschaft noch glücklicherweise in den unsicheren Pandemiezeiten ein wunderbares Abschiedskonzert im Herbst 2020 bereiten konnten, startete unser neuer Chorleiter Aldo Martinez unter sehr schwierigen Bedingungen für den Chor und auch für ihn. Denn wir durften uns von Anfang an (ab Januar 2021) ein halbes Jahr lang persönlich nicht begegnen. Die Proben fanden ausschließlich online statt. Ein virtuelles Kennenlernen! Wir haben viel ausprobiert und Aldo hat einen fantastischen Job gemacht, um uns bei der Stange zu halten. Zum Beispiel gab es stets Hausaufgaben, dessen Ergebnis wir ihm dann als Tonaufnahme per WhatsApp schickten. Er hat sich viel Zeit für Lob und Kritik genommen.
Aldo Martinez' Werdegang
Aldo Martinez wurde 1975 in Uruguay geboren und lebte bis zu seinem 21. Lebensjahr in Brasilien. Seine Leidenschaft für die Musik entdeckte er schon früh und bereits mit 11 Jahren gab er die ersten Klavierkonzerte. Er nahm an vielen Wettbewerben teil und war als Jugendlicher zweimal in Deutschland. 1993 wurde er an der Hochschule für Musik und Bildende Künste in Curitiba/Brasilien aufgenommen und machte nach acht Semestern sein Diplom als Pianist.
Während seines Studiums in Brasilien war er außerdem sehr aktiv als Live-Musiker, dort lernte er die harmonischen Feinheiten der Bossa-Nova - und so des Jazz.
Nach der Abschlussprüfung erhielt er ein Stipendium für Deutschland. Das Goethe-Institut Freiburg war hier für sechs Monate sein erster Aufenthaltsort, bevor er von 1998 bis 2001 in Karlsruhe an der Musikhochschule studierte. Mit Auszeichnung beendete er sein Studium als Diplom-Musiklehrer im Hauptfach Klavier. Nach einem Aufbaustudium für künstlerische Ausbildung errang er den akademischen Grad Diplom-Musiker.
Seit Ende seiner Studienzeit ist er als Musiker, Musiklehrer und Dirigent tätig und ist der musikalische Leiter von 5 Gesangvereinen im Landkreis Karlsruhe. Seine Leidenschaft bleibt weiterhin die latein-amerikanische Musik, wobei er als Sänger, Pianist und Percussionist bei verschiedenen Veranstaltungen zu erleben ist.
Fragen an Aldo Martinez
Interview vor unserem ersten gemeinsamen Konzert am 21. Mai 2022
Im Januar 2021 hast du die musikalische Leitung im Jazzchor Ettlingen übernommen. Hattest du den Chor schon gekannt?
Ja, gehört hatte ich vom Jazzchor immer wieder: Er hat ja einen guten Ruf. Kennengelernt hab ich ihn aber erst beim letzten Konzert unter dem damaligen Leiter Wolfgang Klockewitz. Ein toller Eindruck! Von da an hab ich mich riesig gefreut auf die Arbeit, weil ich wusste, es lassen sich auch hohe Erwartungen an die musikalische Qualität verwirklichen, an Harmonik und Rhythmus. Da kann ich ganz frei Arrangements schreiben, denn mit diesem Chor geht alles!
Wie hat denn der Chor unter Corona-Bedingungen arbeiten können?
Erst durften wir uns gar nicht persönlich kennenlernen. Aber wir haben in den ersten Monaten nach meinem Einstieg Anfang 2021 Online-Proben gemacht. Das war für mich eine wahnsinnige Herausforderung, ich hatte ein paar Nächte gar nicht geschlafen: Es war nicht abzusehen, ob das klappt. Wie klingt der Chor, kann ich mich darauf verlassen, dass zu Hause geübt wird? Viele haben mir dann Probeaufnahmen geschickt und ich konnte Rückmeldungen geben. Und daraus entwickelte sich ...
... ein kleines Wunder?
In der Tat. Schon durch die Probeaufnahmen war eine persönliche Beziehung entstanden. Und ich bin stolz auf diese Idee mit den Aufnahmen und den individuellen Rückmeldungen. Es war eine aufwändige Prozedur, bei der aber etwas entstehen konnte.
Eine Grundlage für die Präsenzproben, die seit einigen Monaten erlaubt sind?
Sicher, aber immer noch mit Einschränkungen. Den `echten´ Jazzchor hört man ja immer noch nicht. Mit Masken und großem Abstand im kalten Raum singen? Das verändert die Stimme und den Chorklang. Derzeit führen wir auch noch Hybrid-Proben durch - einige singen zu Hause am Computer -, da nicht alle Sängerinnen und Sänger anwesend sein können.
Klingt wirklich anstrengend. Was gibt dem Chor Auftrieb und Kraft durchzuhalten?
Genau das hat uns auch beschäftigt. Wir dachten, wir brauchen ein Ziel, eine Perspektive. Und was könnte einem Jazzchor mehr Energie und Lust geben als ein Konzert? Also ist das jetzt der Plan: ein Konzert im Mai!
Gibt es schon ein Programm?
Ja, wir haben ein abendfüllendes Programm, teils mit eigenen Arrangements, teils mit Jazzstandards, die von Chormitgliedern vorgeschlagen wurden.
Aldo, du hast den Chor nur vom Hörensagen gekannt; umgekehrt wussten die Sängerinnen und Sänger auch nichts über dich. Wie bist du zur Musik gekommen, wie war deine musikalische Entwicklung?
Das ist eine lange Geschichte. Schon mit vier Jahren hab ich mit dem Klavierspiel angefangen, danach kamen Schlagzeug und Trompete dazu. Und natürlich Gesang, auch im Chor. Bereits mit 13-14 Jahren wusste ich: Musik ist meine Lebensperspektive. Mit der Klavierausbildung habe ich in Brasilien angefangen, wo ich aufgewachsen bin, später kamen Dirigat und Komposition dazu.
Deine brasilianische Herkunft hat dich sicher auch musikalisch angeregt?
O ja, klassische Musik war die Basis, aber ich liebe auch Samba und Bossa Nova, was ich übrigens auch im Jazz gut nutzen kann. Und ich liebe durchaus auch romantische spanische Musik!
Schwebt dir eine bestimmte Chor-Qualität vor, die du besonders pflegen möchtest?
Ja, ich habe die Idee, den Jazzchor so zu leiten, dass er Leichtigkeit und Fröhlichkeit ausstrahlt. Es geht nicht um intellektuelle Arrangements; die Zuhörer sollten gefesselt sein und Spaß haben! Auch anspruchsvolle Musik kann ja leicht klingen und Freude vermitteln. Derzeit wollen wir auch neue Sängerinnen und Sänger gewinnen. Wir brauchen zum Beispiel Tenöre, die Leidenschaft für die Musik und Bereitschaft zum Üben haben. Der Chor kann gern noch wachsen. Ein großer Chor hat einen ganz besonderen Klang! Und mit unserer Qualität können wir durchaus über Ettlingen hinaus wirken!